Kühl, feucht, grau. Ehe uns der fiese November-Blues erwischt, mummeln wir uns lieber ein: zurückziehen, entspannen, ausruhen – wie die Tiere in ihrem Winterschlaf. Auch Autorin Silke Lorenz schläft für ihr Leben gern. Für ein ruhiges Päuschen oder gar ein kurzes Nickerchen hat sie sich in fünf AllgäuTopHotels eingenistet.
Berge, nichts als Berge ringsherum, zum Greifen nah. „Sie ziehen unsere Gäste nach draußen zum Spazieren, Wandern, Skifahren oder Rodeln. Wir sind auf 1111 Meter Höhe. Die Bewegung an der frischen, klaren Luft ist das beste Schlafmittel überhaupt“, lacht Marketing-Chefin Katrin Hosbein. „Vielleicht braucht der eine abends noch ein Glas warme Milch mit Honig, der andere floatet noch im Sole-Becken oder entspannt sich beim Relax-Aufguss in der finnischen Sauna. Danach schlafen unsere Gäste wie die Murmeltiere.“
Die gute Luft, der beruhigende Blick in die Berge – das findet man auch in den 125 Zimmern, die alle mit Balkon oder Terrasse aufwarten. Die beige-braunen Naturtöne und viel Eichenholz strahlen Ruhe und Gemütlichkeit aus.
Einziger Farbtupfer ist das rost-rötliche Betthaupt, das die hochwertigen Betten ziert. Die Härte der Matratze – sie ist mit ihren 2,10 Metern auch für große Menschen schön lang – kann jeder durch Topper selbst bestimmen. „Wem der Standard nicht genügt, kann übers zimmereigene Tablet in unserem Kissen-Menü mehr Komfort bestellen“, erklärt mir Katrin Hosbein. Ich wähle das Fritzchen aus. Klingt nett, im eigenen Bett hab´ ich auch eines. Wunsch absenden, kurze Zeit später bringt mir der Service ein kleines Kuschelkissen. Klappt!
Gemütlich ist die Alpen-Lounge im Eingangsbereich. Vor der Sitzgruppe in Dunkelrot knistert ab nachmittags das Feuer im offenen Kamin. Wohlige Wärme breitet sich aus. Lesen, unterhalten, spielen, Tee trinken – hier kommen die Gäste nach ihrem Outdoor-Aktiv-Programm zur Ruhe oder auch ins Gespräch.
Ich verziehe mich in die Ohrensessel, die auf dem Weg ins Restaurant pärchenweise an der Seite stehen. Durch bodentief verglaste Fenster schaue ich hinaus auf die mächtigen Berge. Sie kennen das Ifen-Hotel schon seit 1936. Sein markanter Rundbau gehört einfach zum Kleinwalsertal. Weil das Tal in sich geschlossen ist und kurz hinter Hirschegg endet, fühlt man sich von den Bergen umarmt. Ebenso geborgen fühle ich mich zwischen flauschigen Kissen in meinem hohen Sessel. Kurz fallen mir die Augen zu …
Ein bisschen on tour sein, ein bisschen abschalten. Das klappt hier perfekt. Wer will, ist in wenigen Minuten zu Fuß in Fischens Ortsmitte. Andererseits kann man es sich im Hotel richtig gemütlich machen. Erstmals hat das „Rosenstock“ ganzjährig geöffnet, auch im November. „Wir kuscheln uns ein“ heißt eines der besonderen Angebote für diese Jahreszeit. Der Clou: Als Geschenk bekommt jeder Gast eine weiche Kuscheldecke für Zuhause geschenkt, um auch dort seinen Lieblingsplatz zu küren.
„Der Lieblingsplatz für viele unserer Gäste ist das Kaminzimmer. Obwohl hier kein offenes Feuer lodert, sondern Kerzenschein den Kamin erhellt. Aber es heißt eben schon immer Kaminzimmer“, lacht Hotel-Inhaberin Anja Karg. Aus dem Regal an der Seite sucht man sich ein Buch aus und schmökert bei einer Tasse Tee in aller Ruhe darin, gemütlich ins Eck gekuschelt. Ganz nach dem Allgäuer Motto „bloß i hudla“ – so steht`s ja schon am Kaminsims. Auf Wunsch kann man sich hier auch sein Langschläfer-Frühstück servieren lassen, ebenfalls ein Angebot für die November-Gäste.
Auch ein Rückzugsort: die Dachterrasse im 2. Stock. Wenn im November wider Erwarten doch schönes Wetter ist, kann man dort eingemummelt in warme Felle die Sonne genießen. Auf einer Liege oder im blau-weiß gestreiften Strandkorb, den Anja Karg aus ihrer norddeutschen Heimat mitgebracht hat.
Am schönsten ist es aber in der „Wasser-Lounge“, die es erst seit April gibt. Das 30 Grad warme Schwimmbecken ist in sanftes Licht getaucht, an der Seite laden kleine und größere Kuschel-Nester zum Entspannen ein. „Der Stoff ist wasserabweisend, man kann sich also auch mit nassem Badezeug und im Bademantel hineinlegen“, erklärt Anja Karg. An der Fensterseite hängen Schwebeliegen und Korbsessel, die einen in sanften Schlummer schaukeln, während man noch den Blick nach draußen schweifen lässt. Speziell für November haben sich Anja und Stefan Karg etwas ganz Besonderes einfallen lassen: das Wunsch-Konzert. Die Gäste können sich die Musik ihrer Lieblingsband wünschen, die dann eine Stunde lang in der Wasser-Lounge in Konzert-Atmosphäre gespielt wird. Nebenbei wird gelesen, geschwommen, in den Kuschel-Nestern relaxed. Draußen wabernder Nebel ist somit schnell vergessen. Eben auch ein Lieblingsplatz.
Mein liebster Ausruh-Platz ist der Raum neben dem herrlichen Schwimmbecken im Freien. Vor mir breiten sich die Berge aus, schön warme Luft umhüllt mich. Ich wiege in einer Schwebe-Liege sanft hin und her. Perfekt zum Träumen … „Ich zeige Ihnen jetzt noch das Samina-System“, sagt eine Stimme neben mir. Marketing-Mitarbeiterin Isabel Stadler lacht mir zu. Ach ja, richtig. Das „Bergkristall“ hat sechs seiner Zimmer mit einem besonderen Schlafsystem ausgestattet.
Kopf im Norden, Füße im Süden – so schläft man besser, besagt Samina. „Das geht aber eben nicht in jedem Zimmer. Dort, wo Samina zum Einsatz kommt, wird das Bett deshalb über eine Erdungsauflage geerdet. Das ermöglicht die Nord-Süd-Ausrichtung, auch wenn das Bett in einer anderen Himmelsrichtung steht“, erzählt mir Isabel Stadler. Sie hat es selbst ausprobiert und war begeistert. Vor allem vom Lattenrost mit einer doppelten Lage an Lamellen: „Anfangs kommt es einem hart vor. Aber nach vier, fünf Tagen tut es dem Rücken richtig gut, weil der Körper gestützt und entlastet wird.“ Ich lege mich auch aufs Bett und spüre, wie Hüfte und Schulter einsinken, wie sich die Lamellen meinem Körper anpassen. Sehr angenehm. Zum Samina-System gehört noch die Matratze aus Naturkautschuk und das Bettzeug aus Schafschurwolle. Das sorgt für ein gleichbleibend trockenes Schlafklima.
Den Duft von frischem Holz erschnuppert man sofort: In jedem Zimmer steht auf dem Nachtkästchen ein Säckchen mit frischer Zirbenspäne. Denn Zirben-Aroma verringert die Pulsfrequenz und beruhigt. Wer möchte, kann auch ein mit Zirbenspäne befülltes Kissen zum Schlafen haben. „Mir persönlich knistert das aber zu arg“, meint Isabel Stadler. Stimmt, die Späne raschelt bei jeder kleinsten Bewegung. Aber es gibt ja Alternativen: Im Hotel-Shop erstehe ich ein Zirben-Spray. Das sprühe ich daheim aufs Kopfkissen – und schlafe sehr gut, immer den holzigen Duft in der Nase.
Die Qual der Wahl: Wer zur Ruhe kommen möchte, findet in dem familiengeführten 4-Sterne-Hotel jede Menge heimeliger Nischen. Ob im Sauna-Bereich, im ganz neuen Outdoor-Livingroom oder im grün-blau-türkisen Eck vor der Terrasse im lichthellen Atrium, wo der blaue Hirsch über seine Gäste wacht. Rückzug ist das eine, der Wechsel zwischen An- und Entspannung das andere: Dafür sorgt ein umfangreiches Aktiv-Programm kombiniert mit einer leichten, gesunden Ernährung nach dem Glyx-Prinzip – guter Schlaf ist vorprogrammiert.
Ich selbst trinke noch eine Tasse Kaffee in einer der Nischen in der Hotellobby. Mein Blick fällt auf die Kerze gegenüber. „Zuhause ist“ steht daneben auf einer Tafel. Zuhause ist Rückzug und Gemütlichkeit, wie hier im „Bergkristall“.
Das sympathische Hotelinhaber-Paar ergänzt sich perfekt: Andreas Eggensberger ist Physiotherapeut und Kneipp-Bademeister, seine Frau Heike frisch geprüfte Aroma-Expertin. Zwei Therapien, die insbesondere bei Ein- und Durchschlafstörungen bedingt durch unseren hektischen Lebensstil hilfreich sein können.
Schon beim Eintreten fällt der Blick auf die Tür zum Wellness-Bereich. Augen schließen… zeitlos… fallen lassen… dafür tut Familie Eggensberger so einiges. Ihr Hotel hat an einer Schlaf-Studie der Ludwig-Maximilians-Universität München teilgenommen und hat sich als Schlaf-Gastgeber zertifiziert. „Geschulte Schlaf-Lotsen – ich selbst bin das auch – stehen dem Gast zur Seite, geben ihm Schlaf-Tipps oder helfen ihm, Einschlaf-Rituale zu finden“, erzählt Heike Eggensberger. Ihr Tipp: eine ätherische Duft-Mischung von Primavera mit Lavendel, Vanille und Neroli für einen tiefen Schlaf. Sanfte Reize, auf die der Körper reagieren soll.
Neben dem Bett finde ich eine Schlaf-Fibel, sie fasst alles Wissenswertes rund um den Schlaf zusammen. Ich greife zum zweiten Flyer am Nachtkästchen: Hier kann man in der Kissen-Bar sein individuell passendes Kissen auswählen. „Außerdem sind unsere Betten mit orthopädischen Schlaf-Systemen und Natur-Bettwaren ausgestattet. Diese werden regelmäßig ausgetauscht und gereinigt. Die Zimmer lassen sich nach außen hin verdunkeln“, zählt Andreas Eggensberger auf.
Man sieht ihn nicht, aber er kann den Schlaf erheblich stören: Das Thema Elektrosmog nehmen die Eggensbergers sehr ernst. In jedem Zimmer ist ein Netzabkoppler installiert, mit dem Gute-Nacht-Schalter lässt sich der Stromkreislauf unterbrechen. Die Strahlungsbelastung der Schlafbereiche wird jährlich gemessen und überprüft. In den Bio-Balance-Zimmern ist sogar Kupfergewebe in den Wänden eingearbeitet, um die Strahlen von außen und vom Nachbarzimmer abzufangen. „Bis vor wenigen Jahren gab es im Hotel auch überhaupt kein W-Lan, doch das mussten wir nun auf Wunsch vieler Gäste etwas lockern. W-Lan gibt es jetzt an der Rezeption, im Bar-Bereich und vor dem Seminarraum. Von 23 Uhr bis 7 Uhr ist es ganz aus, damit die Gäste nachts wirklich abschalten können“, erklärt Heike Eggensberger.
Besser schlafen und munter in den Tag starten dank Kneipp – auch mir täte dieser Reiz durch kaltes Wasser sehr gut. Aber leider bin ich für heute zu spät dran: Die Kneipp-Güsse im Kneipp-Badehaus gibt es nur bis 8.30 Uhr. „Die Güsse sind in den frühen Morgenstunden sinnvoll. Abends unmittelbar vor dem Schlafengehen ist eine Waschung ideal“, empfiehlt Andreas Eggensberger.
Zum Entspannen lädt das erst vor Kurzem eröffnete Garten-SPA ein. Neben der wunderbaren Zirben-Salz-Sauna trifft man auch hier auf Kneipp: Vor einer Bank, eingerahmt von Altholz, stehen zwei Steinbecken fürs Fußbad bereit. Wieder ruhig und erholt schlafen – das gelingt bei Familie Eggensberger.
Im Radio läuft „November Rain“. Der Song passt zu meinem Besuch im „Königshof Health & View“: Es regnet, ist trüb und windig, als ich das Hotel betrete. Eigentlich ist es viel mehr Gesundheitszentrum als Hotel. „Unsere Gäste kommen zu uns, um sich bewusst aus dem Alltag herauszuziehen, weg von der Welt zu sein, für sich etwas zu tun, sich auf sich selbst zu besinnen und die ,Reset`- Taste zu drücken“, erzählt mir Marketing-Chefin Anika Malack.
Ob Sauna, Therapie-Räume oder auf den Fluren – ohne die sanfte Musik im Hintergrund wäre überhaupt kein Laut zu hören. Diese Ruhe fällt auf, weil man das von einem Hotel derart gar nicht gewohnt ist. „Bei uns ist es immer so ruhig“, versichert mir die Mitarbeiterin an der Rezeption lächelnd. Automatisch passen wir uns an: Wir wandeln mit Bedacht durch den Entspannungsbereich, wo mir Anika Malack die gemütlichen Ruhe-Liegen in der Sauna und im Schwimmbad zeigt. Alles klein, aber fein. Immer ist Platz, nie sind die Räume überlaufen. Uns begegnet nur eine Handvoll Gäste auf ihrem Weg zur nächsten Anwendung. Alle sind in einen weißen Bademantel gehüllt – sie fühlen sich wie zu Hause.
Ganz bewusst wird auf Abend-Unterhaltung verzichtet, es gibt keine Bar oder Live-Musik. Nichts soll ablenken. Wer möchte, trifft sich im Kaminzimmer zum Lesen oder für ein nettes Gespräch. Viele ziehen sich aber auch auf ihr Zimmer zurück, um den Tag bewusst ausklingen zu lassen.
Die 30 Zimmer sind gemütlich und sehr geräumig, sind sie doch der Lebensraum und absolute Rückzugsmöglichkeit für zwei, drei Wochen. Denn hierher kommen viele Kur-Gäste oder Langzeit-Urlauber, die ihre Gesundheit stärken und neue Kraft schöpfen wollen. Dr. Susanne Neuy, Fachärztin für Naturheilverfahren, die ihre Praxis mit direktem Zugang im Haus hat, betreut die Gäste. „Sie nimmt ihre Patienten an die Hand, berät sie bei der Auswahl der richtigen Therapien, Anwendungen und Ernährung und zeigt ihnen, wie sie dem Stress entfliehen können. Oft sind es ganz einfache Mittel, die wiederum einen guten Schlaf fördern“, erfahre ich im Gespräch. Außerdem bietet das „Health & View Gesundheitszentrum für Naturheilverfahren“ verschiedene heilpraktische Tätigkeiten an, sanft-meditative Achtsamkeits-Therapien und mit „Health Kosmetik“ verschiedene Pflege-Behandlungen.
Für diesen Bereich wurden im Erdgeschoss eben erst neue Räume eröffnet, in einem steht eine hochmoderne Softpack-Liege: Am liebsten würde ich mich dort mit einer Allgäuer Heublumen-Packung einschlagen lassen und auf dem warmen, wasser-wabbeligen Untergrund vor mich hindösen. Doch der nächste Gast wartet schon. Ich nehme dafür ein Stück von dieser besonderen Atomsphäre mit – immer die schönen Sprüche im Kopf, die allerorts Bilder und Wände zieren.