Ein Gegenstand, eine Person oder ein Tier? Was macht die Hotels besonders und ohne was kann man sie kaum vorstellen? Die TopHotels im Allgäu haben ihre geheimen Lieblingsstücke. Redakteurin Stefanie Böck hat sich in vier Häusern angesehen, woran das Herz der Gastgeber hängt. Ihr Urteil: Jedes einzelne Stück ist eine eigene Reise wert!
Die Anmut schaut mir direkt ins Herz: Hirsch Hansi hält meinem neugierigen Blick gelassen stand. Das stattliche Rotwildmännchen im Gehege am Hang direkt am „Bergkristall“ in Oberstaufen präsentiert sich seinen elf langbeinigen Damen und mir stets von seiner besten Seite. „Wir müssen jeden Tag die Scheibe an der Event-Lodge-Sauna putzen“, verrät Isabel Stadler ein Detail aus der langen Liste der Hirsch-Gewohnheiten. „Hansi drückt liebend gerne seine Nase an die warmen Fenster.“
Oha, Hirsch hautnah sozusagen. Ganz schön beeindruckend: Denn hinter den feuchten Nüstern und den tiefbraunen, klugen Augen erhebt sich ein mächtiges Geweih mit einer gewaltigen Spannweite. Kraftvoll und elegant zugleich...
Meine Gedanken werden von einem tiefen Allgäuer „Kommat Buaba, koooo-mmat!“ unterbrochen. Der 84-jährige Seniorchef Hans Lingg ruft oben am Stall sein Rotwild-Rudel zur Frühstücks-Brotzeit. Hansi schwenkt das spitze Geweih und trabt relaxed Richtung Gatter. Unterhalb des Infinity-Pools wartet Hans mit einem roten Eimer voller Brot und einem breiten Lächeln im Gesicht.
Der leidenschaftliche Jäger und Rotwild-Fan sorgt seit 1976 bis heute täglich für das Wohlbefinden seiner
Tiere. Offensichtlich ein besonderer Moment für jeden Gast: Überall stehen Neugierige an den großen Panoramascheiben. Mit einer Tasse Cappuccino in der Hand auf der großen Aussichtsterrasse oder im Atrium, dem neuen Zentrum des Luxus-Hotels.
Dort lädt die „Hansibar“ zu Getränken ein. Wie passend: Über den filigranen Gläsern und edlen Flaschen ragen Geweihe von der Decke. „Alle original von unseren Hirschen“, erklärt Isabel Stadler. Wie original? Wo sind denn die Hirsche dazu hin? „Der Hirsch dazu frisst gerade das Brot vom Chef. Jedes Frühjahr wechselt unser Hansi das Geweih. Das alte setzen wir an würdigen Plätzen im Haus in Szene.“ Ach so.
Ich schaue mich um: Tische mit Geweih-Beinen, Lampen mit Geweih-Füßen, ein komplettes Geweih hängt raffiniert beleuchtet direkt am Eingang. Die Fülle deutet auf eine lange Tradition hin: Hansi hatte bereits vier Vorgänger. Ob die wohl auch so schöne Augen hatten…?
„Ein Lieblingsstück kann eine Torte sein, was Historisches oder ein besonderes Zimmer“, sagt Jana Zamecnikova auf der Wintersonnenterrasse des Landhotels Alphorn in Ofterschwang. „Bei uns ist es der Jörg.“ Wie, der Chef? Als Jörg Pöschl strahlend um die Ecke biegt, ist mir sofort klar, was seine Verlobte Jana meint.
Vor mir steht ein Gastgeber, wie man ihn sich wünscht: herzlich, offen und sofort humorvoll mitten im Gespräch. „Er schafft es immer in kürzester Zeit, jeden genau da abzuholen, wo er steht“, erzählt Jana Zamecnikova weiter. „Und jedem Gast genau das zu bieten, was er gerade braucht.“
Diese erfrischende Aufmerksamkeit überträgt der sympathische Mann offenbar auch auf seine zwölf Mitarbeiter: „Von der Rezeptionistin bis zur Küchenhilfe schließe ich hier jeden sofort ins Herz.“ Dabei sind gar nicht alle Mitarbeiter ausgebildete Fachkräfte: „Ich schau beim Vorstellungsgespräch vor allem, dass es menschlich passt“, sagt Jörg Pöschl. Gemeinsam als Team bieten sie Urlaub, wie sie ihn selbst gerne verbringen würden.
Auch der alphornspielende Chef ist kein klassischer Hotelfachmann: „Ich war viele Jahre Postbeamter in der Nähe von Würzburg.“ Vor über 25 Jahren verwirklichte der bodenständige Naturbursche seinen Traum und schulte im Allgäu um. Danach bewirtete er drei Jahre eine Après-Ski-Bar am Berg. 1998 kaufte er das heutige „Landhotel Alphorn“ am Rande von Ofterschwang in bester Lage und investierte viel Geld und noch mehr Leidenschaft in das baufällige Gebäude.
Heute steht ein gepflegtes Haus mit 20 Zimmern inmitten herrlicher Natur. Voll mit herzlichen Menschen, die Gastfreundschaft leben, wie ihr Chef. „Dieses Fleckchen Erde ist ein Geschenk“, sagt Jörg Pöschl.
Und recht hat er: Vor mir ein Bergpanorama zum Niederknien, neben mir eine Weide, auf der im Sommer die Kühe grasen, hinter mir die Sonnen-Piste der Weltcupabfahrt in Ofterschwang. An meinem Tisch die Aufmerksamkeit in Person. „Kaffee? Ich bring Ihnen ein Stück Kuchen dazu. Den hat Jana heute Morgen selbst gebacken…“ Jana lächelt, ich lächle zurück. Na sowas. Die gute Stimmung in diesem Haus scheint irgendwie ansteckend zu sein.
Ein Raum als Lieblingsstück? Wie sperrig.
Kurz darauf jagt Gänsehaut über meine Arme. So schön ist die Geschichte, die hinter dem „Maximilians“ im Hotel Freiberg in Oberstdorf steckt.
Aber von vorne: Vor 35 Jahren suchte Hotelchef Ludger Fetz als Jungkoch einen Job in einer Winterregion. „Ich bewarb mich in einem Hotel. Ich wusste nicht, was ich dort machen muss oder wie viel ich verdiene. Ich wusste nur: Hier will ich arbeiten.“
Der Grund: Margret Bolkart saß an der Rezeption. Dunkle Haare, charmantes Lächeln, Allgäuer Dialekt. Der Rheinländer Ludger wusste sofort: Das wird meine Frau. Die beiden verstanden sich, kamen sich näher, philosophierten in der Mittagspause in einem Café über ein Restaurant, wie sie es führen würden, wenn sie je ein eigenes hätten.
Die gemeinsame Idee: Das Maximale geben für den Gast. Gourmet-Küche anbieten. Interessante Produkte aus unterschiedlichen Geschmacksschubladen kombinieren. Für eine erlesene Anzahl an Gästen. Die beiden wagten den Schritt in die Selbstständigkeit, investierten 1,5 Millionen D-Mark und eröffneten ihr eigenes Restaurant. Heute führt das Paar mit den beiden Söhnen ein stattliches Hotel mit 60 Betten.
Kern ist immer noch ein kleines Restaurant im Herzen des ungewöhnlich gestalteten Bauwerks. „Das südlichste Restaurant mit Michelin-Stern im Allgäu.“ Dahinter stecken viele Jahre harte Arbeit mit höchsten Ansprüchen. „In den ersten sieben Jahren waren wir nur einen einzigen Tag krank. Wir hatten jeden Tag auf. Wir haben jeden Tag gekocht, bedient, geputzt, frisch eingedeckt und uns Events und Konzepte überlegt. Wir haben unseren Weg verfolgt und nie aufgegeben. Auch wenn es hart war. Wir waren immer glücklich mit dem, was wir dem Gast anbieten.“ Das Credo dahinter steht heute noch auf der automatischen Schiebetür zur Küche: „Hier entsteht Ihr maximales Genusserlebnis.“
Rosi verzeiht jeden Fehler. Die lebensgroße Kuh im Foyer des Hotels Tanneck in Fischen bei Oberstdorf schaut gelassen in Richtung Panoramafenster, obwohl ich recht erfolglos versuche, Wasser aus ihrem Euter in den Bottich am Boden zu pressen. „Das ist unser Braunvieh-Maskottchen für unsere Milchwell-Anwendungen“, sagt Gastgeberin Patricia Fischer, die in dritter Generation das Vier-Sterne-Haus führt.
Milchwell ist ein hauseigenes, geschütztes und offiziell ausgezeichnetes Wellnesskonzept, das auf Lebensmitteln aus dem Molkereibereich basiert. Ihre Empfehlung für mich: Sahne-Honig-Packung mit Aromaöl Lavendel. „Das beruhigt“, sagt die Hausherrin. Offenbar ideal für hektische Journalistinnen.
Eingestrichen und in Tücher eingewickelt lege ich mich auf eine Art Wasserschwebebett. Mein Herz schlägt immer langsamer. 20 Minuten und eine Dusche später ist meine Haut seidenweich. Verblüffend. „Sahne, Milch und Quark enthalten hauteigene Regenerationsvitamine, die eine Rückfettung bewirken“, erklärt Patricia Fischer.
Kurz: Milch tut gut. Was im Wellnessbereich mit geschwungenen Panoramaliegen und einem wedelnden Kuhschwanz in der Sauna gut funktioniert, zeigt auch in den Zimmern Wirkung: Allgäu, wohin man blickt. Mal ist ein Stück Kuhfell verarbeitet, mal ziert eine Glocke das Fensterbrett, ist ein Horn dekoriert oder ein Bergsteiger auf die Schrankwand projiziert.
Im Wellnessbereich, auf den Zimmern, in den Suiten und den Restaurants – überall sind Allgäuer Kühe, grüne Wiesen, Alpenkräuter und Bergpanoramen präsent. „Ich hole gerne die Natur ins Haus. Bei uns ist auch innen, was draußen zu sehen ist: das Allgäu.“ Stimmt. Und das beste Beispiel dafür ist: natürlich die geduldige Rosi!
Im Wellnessbereich, auf den Zimmern, in den Suiten und den Restaurants – überall sind Allgäuer Kühe, grüne Wiesen, Alpenkräuter und Bergpanoramen präsent. „Ich hole gerne die Natur ins Haus. Bei uns ist auch innen, was draußen zu sehen ist: das Allgäu.“ Stimmt. Und das beste Beispiel dafür ist: natürlich die geduldige Rosi!