Was isst eigentlich ein Hotelchef im eigenen Haus am liebsten? Journalistin Stefanie Böck hat nachgefragt und in drei Allgäu Top Hotels in die Öfen und Töpfe geguckt. Die Überraschung: Serviert wurde in allen Häusern dasselbe. Nämlich eine riesige Portion echte Leidenschaft.
Ich muss mich verhört haben. Hat der Küchenchef des Hanusel Hofs in Hellengerst mir eben erklärt, er schiebt eine Forelle auf einer Honigwabe gebettet in den Ofen? „Schmilzt das nicht?“, frage ich vorsichtig. Der charmante Koch mit den guten Ideen lächelt. „Wir machen das nicht sehr heiß. Wir garen die Kombination zwei Stunden lang bei 39 Grad.“ Aha. Fisch mit erhöhter Temperatur.
Verstehe. Nächste Frage: Hier wird ja alles ganz frisch zubereitet. Muss der Gast dann zwei Stunden auf sein Geschmackserlebnis warten? Berechtigter Einwand, wie ich finde: Denn in der regional-nachhaltig geprägten Küche des Vier-Sterne-Superior-Hotels wird aus Prinzip nichts vorbereitet. Alles was serviert wird, entsteht ganz frisch am Vormittag.
Mein Fisch zum Beispiel war gestern noch beim Golf. Also auf dem Golfplatz, denn der Forellenteich liegt idyllisch zwischen den saftig grünen Abschlagsflächen der hauseigenen 18-Loch-Anlage vor dem herrlichen Bergpanorama der Allgäuer Alpen. Bei der Besichtigung kommen wir auf dem Weg zum Fischweiher an den Bienenstöcken des Wellness-Hotels vorbei. Hier bauen sieben Völker die Waben, auf denen sich das frische Filet später in ein butterzartes Gericht mit leicht süßlichem Aroma verwandeln soll.
„Wir schleudern die Wabe von Hand, so dass noch etwas Honig in den Zwischenräumen bleibt“, erklärt Hobbyimker Markus Rainalter, der mit seinen beiden Brüdern das Hotel leitet. Was im Ofen aufsteigt, ist eine Mischung aus Wachsduft und süßlich-herben Aromen des Blütenhonigs. Auf dem Teller kommt die ungewöhnliche Kombination schlicht und raffiniert daher: Unten ein goldgelbes Honigbett, oben eine Forelle, die saftiger und geschmackvoller nicht sein könnte. Auch ohne die Salzflocken aus dem beigelegten Reagenzglas ist das Essen ein Gedicht: Die Fasern zerfallen auf der Zunge.
Nach der dritten Gabel fällt mir meine Frage wieder ein: zwei Stunden Garzeit. Wie geht das mit der Bestellung? „Der Fisch steht nur im Rahmen eines Tagesmenüs auf der Karte“, erklärt Markus Rainalter. Wer die Leibspeise des Chefs an einem anderen Tag probieren will, muss das einfach vorher anfragen. Geht. Die Fische sind da, die Bienen auch. Na dann: Steht der köstlichen Bettgeschichte ja rein gar nichts mehr im Wege…
Hanusel Hof
Helingerstraße 5
87480 Weitnau-Hellengerst
www.hanusel-hof.de
Tel.: +49 8378 9200-0
E-Mail: info@hanusel-hof.de
Bei diesem Gericht wird einem warm ums Herz: Sauerbraten. Vor mir sitzt Daniel Höfling, der die Begeisterung mit wenigen Worten noch steigern kann: „Wir legen das Fleisch volle sieben Tage ein“, sagt der Sous Chef im Hotel Mohren in Oberstdorf. „In Essig und Rotwein. Mit Wurzelgemüse, Piment, Wacholder, Lorbeerblättern, Nelken und Pfefferkörnern.“ So zieht der Geschmack zieht tief in die Struktur.
Weniger hat das Stück Schulter des Allgäu-Rinds auch nicht verdient. Es kommt von einem jungen Oberstdorfer Metzger, der die Qualität streng überprüft. „Gut ist’s wenn’s von hier kommt“, steht extra in der Speisekarte. Daneben ein Bild des sympathischen Lieferanten. Gut ist’s aber vor allem auch, wenn Daniel Höfling das Fleisch nach seinen Vorstellungen zubereitet.
Das vom Essig mürbe Stück brät er kurz scharf an, legt es zurück in den Sud und schmort das Paket dann drei Stunden lang. Angerichtet mit saftigem Rotkraut und einem kugelrunden Kartoffelknödel kommen die Scheiben unter einer kastanienfarbenen Soße mit Rosinen und Mandelplättchen daher. Zum Knödel mit der Semmelbröselschmelze dampfen das Rotkraut und die Bratenscheiben verlockend. Wie das riecht… An irgendwas erinnert mich dieser Duft. Aber an was?
„Die Gäste essen das bei uns wahnsinnig gern“, unterbricht Daniel Höfling meine Gedanken. Der gelernte Koch arbeitet seit zwölf Jahren für das Haus im Herzen von Oberstdorf. Dabei hegt er eine Leidenschaft die viele Hotelstammgäste und Einheimische sehr schätzen: „Ich mag die traditionelle Küche.“ Das spürt man auch.
So kommen viele extra wegen dem Sauerbraten ins Haus. „Oft haben die Mutter oder die Oma dieses Gericht noch gemacht.“ Mit viel Liebe und einer großen Portion Geduld. Plötzlich hab‘ ich’s. Beim Betrachten der perfekt bestückten Gabel fällt mir endlich ein, nach was der Sauerbraten im Restaurant des Hotels Mohren in Oberstdorf schmeckt: nach wohlig warmer Geborgenheit. Oder ganz einfach: nach purem Glück.
Hotel Mohren
Marktplatz 6
87561 Oberstdorf
www.hotel-mohren.de
Tel.: 08322 9120
E-Mail: info@hotel-mohren.de
Am Anfang der Erfolgsgeschichte des Vier-Sterne-Superior Hotels Schlosskrone in Füssen steht ein Café. Genauer: ein kleines Kurcafé. „Ich habe die Leidenschaft für Süßes von meinem Ur-Ur-Opa geerbt“, erzählt Hoteldirektor Norbert Schöll.
Der versorgte seit 1896 in Füssen Bürger, Gäste und sogar die bayerischen Hoheiten mit Torten, Kuchen und Gebäck. Norbert Schöll ist ebenfalls gelernter Konditor und schon seit seiner Kindheit von traumhaften Kreationen, kugelrunden Pralinen und handgemachtem Eis umgeben. Auch heute noch reihen sich die kleinen Geschmackskunstwerke in den Theken aneinander. Welches davon ist wohl das Lieblingsdessert vom Chef? Vielleicht die mächtige Sissi-Torte? Oder die daneben mit den frischen Himbeeren? Oder die mit den ganzen Nüssen obendrauf?
„Mein Lieblingsdessert sind Lebkuchen“, sagt Norbert Schöll. Lebkuchen? Ich schiele unauffällig zu den prächtigen Sahnetorten. Echt jetzt? Da kommt der Chef der Konditorei mit einer großen Box aus der Küche ums Eck. „Ganz frisch“, verspricht er und öffnet den Deckel. Ein überwältigender Duft von Marzipan und Kardamom steigt auf. Würzig, kräftig und irgendwo dazwischen eine zarte Note von Kakao. Oder besser: Von gerade eben noch flüssiger Schokolade. Bauch an Rücken lehnen die kreisrunden Köstlichkeiten aneinander.
Die Konditoren-Kollegen lächeln. „Möchten Sie probieren?“ Was für eine Frage. Beim Aufschneiden zeigt sich die wahre Qualität der Elisen-Lebkuchen nach hauseigenem Rezept. Der Teig: locker und saftig. Die Schokoladenschicht: hauchdünn. Die Oblate: nicht zu sehen, von oben ganz bedeckt. Im Mund zergeht jeder Biss ohne grobe Stücke fast wie pure Schokolade. Ein Gedicht. „Das kann ich immer essen“, sagt Norbert Schöll und lächelt.
Alternativ entscheidet er sich in der Vorweihnachtszeit manchmal noch für Christstollen. Auch der ist ein Gedicht: Unter einer dicken Schicht Puderzucker verbirgt sich ein knusperiger, in Butter getränkter, leicht karamellisierter Rand. Innen ein lockerer Teig gespickt mit kleinen Stückchen in Rum eingelegter Früchte. „Den servieren wir auch zum Frühstück.“ Den Gästen schmeckt’s in der hübschen Himmelsstube offensichtlich zu jeder Tageszeit. Ein kleines Schieferherz in der Konditorei verrät warum: „Mit Liebe gemacht“ steht da drauf. Das spürt man nicht nur. Das schmeckt man hier auch…
Hotel Schlosskrone
Prinzregentenplatz 2-4
87629 Füssen
www.schlosskrone.de
Tel.: 08362-93 01 80
E-Mail: rezeption@schlosskrone.de