Almauftrieb im Flug: In Haubers Naturresort in Oberstaufen im Allgäu ziehen 400 000 Honigbienen in ein neues Schau-Bienenhaus ein.
OBERSTAUFEN – Stille. Nur die Grillen zirpen. Lautlos fliegt ein Schmetterling am neuen Berg-Bienenhaus vorbei. Dann zieht Imker Willi Bauer die Schaumstoff-Stücke aus den Ritzen - das große Summen beginnt. Erst vereinzelt, dann immer lauter. Immer mehr Bienen krabbeln im Zickzack aus den Flugöffnungen der Holzkisten, tummeln sich kurz und schweben dann mit hängenden Beinen zum Orientierungsflug davon.
Vor ihnen liegt ein traumhafter Sommer. Und eine absolut schmackhafte Wiese. Perfekt für die rund 400 000 Honigbienen, die jetzt ihren Sommer an dem sonnigen Südhang auf der Almwiese bei Oberstaufen im Allgäu verbringen.
Das ungedüngte, artenreiche Fleckchen Erde gehört Klaus Hauber und ist voll mit allerlei Kräutern und Blüten. Der Allgäuer betreibt mit seiner Familie ein idyllisches Hotel mitten in einem großen Naturresort – inklusive Heuernte, Waldbaden und plätscherndem Bach.
Die Bienen gehören Imker Willi. Der 65-jährige, freundliche Mann beobachtet an diesem Morgen seine Völker ganz genau: In welche Richtung fliegen sie los? Finden sie zurück? Welche Blüten steuern sie an? „So ein Umzug ist immer eine spannende Sache.“ Eigentlich wohnen die Bienen von Willi Bauer in ihren so genannten Beuten auf einem Anwesen in Gestratz-Brugg auf der anderen Seite der Bergkette. „Wenn man die Beuten nur ein kleines Stück versetzt, finden die Bienen nicht zurück in den Stock.“
Der Grund: Die intelligenten Tiere legen in ihren Gehirnen eine Art Landkarte an. Wer die Bienenkiste oder den Eingang um nur wenige Zentimeter verschiebt, riskiert eine massive Verwirrung. Erst ab drei Kilometer Distanz ist ein Umzug ungefährlich. Völlig neues Gelände prägen sich Bienen einfach ganz neu ein.
In Haubers Naturresort starten die Insekten großräumige Erkundungsflüge. „Dabei legen sie neue Landkarten in ihrem Gedächtnis an.“ Für die erfolgreiche Umsiedlung schuf Imker Willi schon im Morgengrauen optimale Voraussetzungen. Behutsam lud er die neun Völker mit seinem Sohn Felix auf einen Anhänger, zurrte alle Kisten fest und fuhr damit Richtung Oberstaufen. „Die mögen das nicht so, wenn es ruckelt.“ Ganz langsam steuerte er das Gespann die kurvigen, schmalen Straßen hinauf, vorbei an Haubers Wellnesshotel, am hauseigenen Schwimmteich, am Golfplatz und den duftenden Heuwiesen bis zum so genannten „Kuhhimmel“.
Die Wiese mit Blick auf den Hochgrat und die Vorarlberger Alpen ist nicht nur für Honigbienen eine Art Wellnessurlaub: Zwischen rotem Klee, gelben Schlüsselblumen und elegantem Wiesenfuchsschwanz stehen normalerweise im Sommer Rinder. Das Allgäuer Braunvieh muss sich die Weide jetzt mit einem ansehnlichen Schau-Bienenhaus mit begrüntem Flachdach und edlen Panoramascheiben teilen. „Heute ist Almauftrieb der anderen Art“, sagt Klaus Hauber lächelnd und genießt das beruhigende Summen der Neuankömmlinge.
Für den Hotelier geht an diesem Frühlingsmorgen ein ersehnter Wunsch in Erfüllung: Eigene Bienen zu haben ist für den dreifachen Vater ein lang gehegter Kindheitstraum. Sein Onkel Anton war leidenschaftlicher Landwirt und Imker und hatte viel Gefühl im Umgang mit Tieren. „Er ließ uns Kinder im Sommer immer den Honig probieren. Nach dem Schleudern durften wir auf einem süßen Stück Wabe herumkauen.“ Damals ein echter Leckerbissen.
Heute schmeckt Klaus Hauber Honig am besten auf frischem Brot – mit reichlich Butter aus der hiesigen Sennerei. Umso mehr freut er sich auf seinen ersten eigenen, aromatischen Bergwiesenhonig. Auch die Gäste seines Vier-Sterne-Superior-Hotels sollen in den Genuss kommen: Die erwarteten rund 200 Kilogramm werden auf frischen Frühstücksbrötchen, im Müsli und in Gläsern zum Mitnehmen verteilt.
„Um das Erlebnis perfekt zu machen, bieten wir Begegnungen mit Imker Willi und unseren Bienen an.“ Im Schau-Bienenhaus sollen die Gäste Natur erleben und sich dabei auch mental entspannen. Denn: Bienen vertragen keine Hektik. Ihre monotone Ruhe überträgt sich nach einer Weile auf die Besucher. „Das Summen ist wie Meditation“, sagt Imker und Entspannungspädagoge Willi Bauer. „Der Klang ist wie Musik. Das entschleunigt. Und bringt dich wieder ganz nah an die Natur.“
INFO: Im Bundesgebiet leben etwa 1,5 Milliionen Bienenvölker. Im Alpenraum werden hauptsächlich Gebirgsbienen der Rasse Carnica (Apis mellifera carnica) gehalten. Sie gelten als besonders sanftmütig und fleißig. Für ein Kilo Honig müssen Bienen bis zu zehn Millionen Blüten anfliegen. Das hilft auch der Kulturlandschaft: Etwa 80 Prozent der Blüten unserer Kulturpflanzen müssen von Insekten beflogen werden.
ZUR PERSON: Willi Bauer hat zwölf Jahre Erfahrung als Imker. Der Maschinenbauer ist im Ruhestand, betreibt eine Augenschule und hält die neun (oder zehn?) Bienenvölker normalerweise an seinem Haus bei Gestratz im Landkreis Lindau auf etwa 700 Meter Höhe. Haubers Naturresort ist für ihn ein spannendes Projekt: „Die Lage ist ein Traum, Wiesen wie diese gibt es selten.“ Im Schau-Bienen-Haus informiert der Entspannungspädagoge über das Leben der Bienen und den Umgang mit den Völkern.
ZUM HOTEL: Zu Haubers Naturresort gehören 62 Hektar Wald- und Wiesenfläche. Direkt am Haus startet der eigene Klimapfad mit Waldhängematten und einer Wassertretstelle. Am höchsten Punkt des idyllisch gelegenen Geländes steht das so genannte „Schwalbennest“. Hier können Gäste in freier Natur ein Bergfrühstück genießen, Klaviersonaten lauschen oder emsige Bienen beobachten.
Haubers Naturresort
Meerau 34
87534 Oberstaufen
Tel.: +49 8386 93305
E-Mail: info@haubers.de
www.haubers.de